Journal Panorama Ö1

Mittwoch, 13. Oktober 18.25 Uhr

Wie weiblich ist die Erinnerung im öffentlichen Raum?
Interview mit Vanessa Payer

 

 

oe1.orf.at

 

Die Seestadt ist weiblich

Janis Joplin, Hannah Arendt und Agnes Primocic – die Straßen in der Seestadt tragen große Frauennamen. Der Beitrag zur Verbesserung der Balance zwischen den Geschlechtern bei der Benennung der Wiener Straßen ist ein kleiner und doch setzt die Seestadt damit ein großes Zeichen.

 

Die Straßennamen in einer Stadt sind ihr kollektives Gedächtnis und prägen ihre Identität. 3.750 männliche Namen stehen im Wiener Straßennetz etwa 200 weiblichen Namen gegenüber – ein Ungleichgewicht, das den Leistungen der Wienerinnen nicht gerecht wird. Durch den Entschluss, die Straßen in der Seestadt weiblich zu benennen, kann der Anteil von Frauennamen von nur fünf auf sieben Prozent gesteigert werden.

 

Die vorliegende Broschüre bietet einen Überblick über die Biographien der namensgebenden Frauen.

  Erscheinung: 2019
 
Broschüre: Die Seestadt ist weiblich

 

A propos 2018: Wir haben 100 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich!

 

Hannah Arendt, Politiktheoretikerin, Philosophin, Emigrantin, prägte den vieldiskutierten Begriff von der "Banalität des Bösen" im Gegensatz zu Kants "Totalität des Bösen"

 

Ilse Arlt, "Fürsorgewissenschaft",  Studien zur Armut, Nationalökonomin, studierte mit einer Ausnahmeregelung als Frau an der Uni Wien, Arbeit während Nazi-Zeit verboten, nach 1946 nahm sie Forschung und Arbeit wieder auf, definierte 13 Grundbedürfnisse des Menschen, ohne die er "arm" ist.  erste "Fürsorgerinnenschule" in der Monarchie.

 

Hermine Dasovsky, Gastwirtin "Zum schönen Platzerl" in der Lobau.  Versorgte die Insassen des dort errichteten Arbeitslagers mit Essen und Freundlichkeit, sowie ab 1944 die dort inhaftierten ungarischen Juden - unter Lebensgefahr.

 

Else Frenkel-Brunswik, Psychoanalytikerin,  bedeutende Forscherin über die autoritäre Persönlichkeit und die Intoleranz von Ambiguität.  Emigriert, gest. in Kalifornien.

 

Mimi Grossberg, Schrifstellerin und auch anderweitig begabt, mit ambivalenten Gefühlen zu ihrer Heimat Österreich (emigriert)  starb 1992, goldenes Verdienstkreuz, PEN-Club

 

Josefine Havelka, Wiener Cafehaus-Legende, die Buchteln!!! (hab ich selber noch von ihr serviert bekommen- ab 22 Uhr!)

 

Yella Hertzka auch Jella Hertzka, geborene Yella Fuchs, war eine österreichische Frauenrechtlerin, Verlegerin, Gärtnerin und Gründerin der ersten Höheren Gartenbauschule für Mädchen in Österreich.

 

Janis Joplin, Club 27, Rock-Ikone, Hippie- Ikone
Hermine und Otto Kuttelwascher,  "Gerechte unter den Völkern"  Otto war Installateur im 2. Bezirk. Versteckten ihre Nachbarin Erna Kohn während des Krieges vor den Nazis.

 

Gisela Legath , Bäuerin aus dem Burgenland,  versteckte Juden auf ihrem Gehöft "Gerechte unter den Völkern"

 

Ella Lingens, Juristin, Ärztin, im Widerstand, KZ-Überlebende, Zeitzeugin, "Gerechte unter den Völkern".

 

Ada Lovelace,  Mathematikerin, Tochter von Lord Byron, entwickelte 100 Jahre vor den ersten Pionieren ein Computerprogramm, starb mit 36 Jahren.  Die Programmiersprache Ada ist nach ihr benannt.

 

Madame d' Ora  (Dora Phillipine Kallmus),  bedeutende Mode - und Gesellschaftsphotographin in Wien und Paris,  als eine der ersten Frauen offizielle Ausbildung, floh vor den Nazis überstürzt, nach dem Krieg "Schlachthausfotografien und Photographin der Lager,  weiterhin Gesellschaftphotographin, verlor ihr Gedächtnis bei einem Unfall, lebte die letzten Jahren ihres Lebens bei einer Freundin in der Steiermark.

 

Anna Müller,  Gärtnerei-Besitzerin in Wien,  versteckte gemeinsma mit ihrem Sohn Konstantin Juden und rettete aktiv mehrere Leben unter Einsatz ihres eigenen.  "Gerechte unter den Völkern"

 

Edith Piaf  „Der Spatz von Paris“ Berühmteste französische Chansoniere, Stimm-Wunder.
Maria Potesil, Pflegemutter, Witwe mit 2 leiblichen Kindern, setzte bei den Behörden die Freilassung ihres halbjüdischen Pflegesohnes durch, versteckte ihn danach bis nach Kriegsende

 

Agnes Primocic, wurde 102 Jahre alt, Arbeiterin aus Hallein, Gewerkschafterin, sehr aktiv im Widerstand auch unter Einsatz ihres Lebens, "man muß eingreifen, wenn Unrecht geschieht",  auch nach dem Krieg aktiv tätig in der kommunistischen Partei Salzburg.

 

Dr. Lotte Schenk-Danzinger,  Entwicklungspsychologin, bedeutendes Standardwerk über die Legasthenie- Forschung.
Susanne Schmida,  geboren 1894 in Polen, promovierte als eine der ersten Frauen in Philosophie in Wien, "Religiosität jenseits der Religionen"  Visionärin, Yoga-Lehrerin, Antifaschistin

 

Mela Spira, Schauspielerin und Schriftstellerin "das Weib ist ein Nichts"- Skandalbuch,  emigriert nach London, Versuche, wieder in der Steiermark Fuß zu fassen, scheitern an der schlechten Behandlung

 

Georgine Steininger, bedeutende systemische Familientherapeutin, Graz. Gestorben 2009.  Interessante Kindheit als unehelisches Kind in Padua, von einer Wiener Gräfin versorgt. Kulturschock, als die Mutter nach Kärnten auf den Bauernhof heiratet.

 

Christine Touaillon, österreichische Literaturwissenschaftlerin, schrieb ein Mammutwerk über Frauenromanliteratur, Papier dafür bekam sie von der Grazer Papierfabrik im Gegenzug mußte sie 300 kg Schweine stellen (befreundete Bauern!) 1920 konnte sie in Graz nicht habilitieren, weil man ihre Fähigkeiten als Frau anzweifelte und festlegte, Frauen eine höhere Latte als Männern zu legen. Sie habilitierte dann in Wien.

 

Maria Trapp, Gesangs-Familien-Ikone, mußte mit ihrer Familie vor den Nazis flüchten

 

Maria Tusch, Österreichische Arbeiterin und Politikerin der Sozialdemokraten in der Ersten Republik



Mit Stand Sommer 2018 neu hinzukommende Straßennamen/Frauen in der Seestadt:

Simone de Beauvoir, feministische Schriftstellerin und Philosophin

Gertrud-Bodenwieser,  Tänzerin und Choreographin

Trude Fleischmann, Fotografin

Beatrix Kempf war Journalistin, Autorin, Redakteurin im Bundespressedienst und Biographin von Bertha von Suttner

Lella Lombardi war Automobilrennfahrerin. Als erste Frau fuhr sie in einem Formel-1-Grand-Prix in die Punkteränge und nahm an einem Rennen der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft teil.

Wangari Maathai, kenianische Biologin und Umweltaktivistin, die als erste Afrikanerin mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Eva Maria Mazzucco, Bildhauerin, Graphikerin und Illustratorin

Lydia Sicher, Psychiaterin und Individualpsychologin

 


Mit Unterstützung von: Stadtteilmanagement Seestadt aspern, Green House, SeeLab, Projektleitung Seestadt aspern, Wien 3420, u.a.